Lockdown traf die Wohnungsnotfallhilfen

Geldern/Kleve. Die Corona-Schutzbestimmungen trafen das gesamte Hilfesystem der Wohnungsnotfallhilfen und die darin versorgten Menschen hart. Sie bedeuteten für viele Menschen eine weitere Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Lebenslage. Die beiden Standorte der Fachberatungsstelle für Menschen in besonderen Lebenslagen (FBS) in Kleve (Caritasverband Kleve) und Geldern (Diakonie im Kirchenkreis Kleve) wurden im Jahr 2020 von 418 Personen aufgesucht oder die Mitarbeitenden der FBS kontaktierten die Hilfesuchenden an ihren Aufenthaltsorten. 276 wurden in Kleve und 142 in Geldern erfasst.

Bundesweit schlossen coronabedingt von einem Tag auf den anderen Kleiderkammern, Mittagstische, Nachtcafés, Tagesaufenthalte, Bahnhofsmissionen, und andere niedrigschwellige Angebote für Menschen in Wohnungsnot. Für viele kommunale Notunterkünfte und stationäre Einrichtungen galt zeitweise ein Belegungsstopp. Beratungsstellen mussten ihre Aktivitäten massiv einschränken, bis entsprechende Hygienekonzepte und Abstandsregeln umgesetzt werden konnten.

Im Kreis Kleve wurde Schutzausrüstung für Klienten zum Teil großzügig durch Initiativen, Verbände und Firmen gespendet. Trotzdem konnte zu Beginn der Pandemie nur überwiegend telefonisch beraten werden – soweit dies die Ausstattung der Hilfesuchenden überhaupt zuließ. Durch die Schließung der Behörden für Publikumsverkehr wurde zusätzlich Unterstützung bei der Beantragung von Sozialleistungen und allgemeine Antragshilfen nachgefragt.

Wohnung ist Mangelware im Kreis Kleve

Die Bevölkerungszahlen im Kreis Kleve sind in den letzten Jahren sukzessive gestiegen. Der Wohnungsbau hält nach wie vor mit der Entwicklung steigender Bevölkerungszahlen nicht Schritt. Auch werden aus der Mietbindung fallende Sozialwohnungen nicht adäquat ersetzt. Viele Menschen mit sozialen und/oder finanziellen Schwierigkeiten haben zusätzlich extreme Probleme, überhaupt Wohnraum zu finden.

Die „Integrierte Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2018 in Nordrhein-Westfalen“ sieht den Kreis Kleve auf Platz 23 aller 53 Verwaltungsbezirke. Die Anzahl wohnungslos erfasster Personen hat sich in den letzten fünf Jahren von 352 auf 725 in 2020 mehr als verdoppelt. Auf die Verschärfung der Lage hat die Fachberatungsstelle bereits seit einigen Jahren hingewiesen.

Räumliche Verteilung

Der größte Anteil, mit 96 Prozent der Besucher*innen der FBS, stammt aus dem Kreis Kleve. Mit Kleve und Geldern als einzige FBS-Standorte bedeutet es für Wohnungsnotfälle aus den übrigen 14 Kommunen im Kreis Kleve erfahrungsgemäß, dass das Hilfesystem für diese Hilfesuchenden – zusammen 41 Prozent – deutlich schwieriger erreichbar ist.

Der Frauenanteil ist mit über 40 Prozent in den letzten Jahren konstant; bundesweit ist dies bei Fachberatungsstellen ein eher hoher Wert.

Haushaltsstruktur

74 Prozent der FBS-Besucher*innen war 2020 alleinstehend oder alleinerziehend, die durch die Jahre hindurch signifikant größte Gruppe unter den FBS-Besucher*innen.

20 Prozent der Klienten gaben an, in fester Partnerschaft – mit und ohne Kinder – zu leben.

Migrationshintergrund

Im zurückliegenden Jahr 2020 hatten 68 Prozent der Hilfesuchenden oder deren Eltern keinen Migrationshintergrund.

Verteilung nach Unterkunftssituation/ Wohnungsnotfälle

Überwiegend - 43 Prozent der Hilfesuchenden -  lebten 2020 in eigenem Wohnraum. Andere gaben an bei Familie oder Partner untergekommen zu sein, andere bei Bekannten. Gering gestiegen ist 2020 der prozentuale Anteil der in Notunterkünften untergebrachten Personen mit 9 Prozent, ohne jegliche Unterkunft waren 2020 5 Prozent.

Verteilung nach Beschäftigungssituation   

Die überwiegende Zahl - 64 Prozent - der Besucher und Besucherinnen der FBS war 2020 – wie in den Vorjahren – arbeitslos. Im ersten Arbeitsmarkt (Ausbildung, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) waren 2020 18 Prozent tätig.

Die Gründe für die konstant hohe Arbeitslosenzahl sind vielschichtig. Kein oder ein niedriger Schulabschluss, fehlende oder abgebrochene Berufsausbildung, geringe Berufserfahrung oder zu geringe Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung sind wichtige persönliche oder strukturelle Faktoren, die die Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche erschweren.

Der zum Teil hochschwellige Zugang in den 1. Arbeitsmarkt (qualitativ anspruchsvolle Bewerbungen bereits für so genannte geringfügige Beschäftigungsverhältnisse) erschwert den Zugang zum Arbeitsmarkt für viele Klienten nach wie vor. Weitere soziale Schwierigkeiten wie Verschuldung oder Suchtmittelmissbrauch können erschwerend hinzukommen.

Erwerbslosigkeit und in der Folge wirtschaftliche, finanzielle Schwierigkeiten waren immer wieder Inhalt der Beratung, zumal sie häufig Ursache drohenden Wohnungsverlustes oder gar unmittelbarer Obdachlosigkeit waren und sind.

Verteilung nach Einkommenssituation

Die größte Gruppe der Ratsuchenden musste ihren Lebensunterhalt durch Leistungen der Grundsicherung für Arbeit (SGB II) sicherstellen. Die Anzahl lag im Berichtszeitraum bei 41 Prozent. Von Leistungen gemäß SGB XII (Sozialhilfe) lebten in 2020 4 Prozent. 7 Prozent bezogen in 2020 Renten- bzw. Pensionsleistungen. Die Zahl derer, die den Lebensunterhalt 2020 überwiegend durch Lohn und Gehalt bestreiten konnten, fiel von 19 auf 15 Prozent.

Über kein Einkommen verfügten in 2020 16 Prozent der Ratsuchenden. Ein über die Jahre schwankender gleichwohl relativ hoher Wert. Die Beratungsarbeit der FBS führte in fast allen Fällen zum (Wieder-) Anschluss an bzw. in die sozialen Sozialleistungssysteme (insbesondere Leistungen gemäß SGB III, SGB II und SGB XII).

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