Die „Würde-Bewahrer“

Die "Würde-Bewahrer": Helma Bertgen, Diakonie-Geschäftsführer Pfr. Joachim Wolff, Nastasia Epenetos-Vennemann, Theo Peters und Jürgen Graven.

Eine Kampagne der Diakonie-Betreuungsvereine Rheinland-Westfalen Lippe. Sie beschreibt auf Plakaten und Flyern, was rechtliche Betreuer tun – „nur wenn du es nicht mehr kannst.“

Jemand, der aufgrund seines Alters, einer Krankheit oder einer Behinderung nicht (mehr)alle Angelegenheiten alleine regeln kann, hat häufig eine/-n rechtliche/-n Betreuer/-in.

Warum sind rechtliche Betreuer „Würde-Bewahrer“? Helma Bertgen und Theo Peters, langjährige Mitarbeitende im Betreuungsverein, erklären warum: „Würde zeigt sich auch in kleinen Dingen, die für jeden selbstverständlich sind. Sie fallen auf, wenn man sie nicht mehr hat oder andere sie nicht für nötig befinden.“ Wie ein eigenes Portemonnaie, eigenes Geld abheben und ausgeben zu können, ein eigenes Fahrrad, selbst zu bestimmen, in welcher Wohngruppe man sich wohlfühlt. „Wohngruppenleitungen, Krankenhäuser oder andere Einrichtungen, in denen Betreute untergebracht sind, können nie den Einzelnen so im Blick behalten, wie es ein Betreuer kann“, finden Bertgen und Peters.

Nastasia Epenetos-Vennemann führt ehrenamtlich drei Betreuungen. Mit ihren 30 Jahren gehört sie zu den jüngeren Mitgliedern im Betreuungsverein. Als Heilerziehungspflegerin hat sie beruflich regelmäßig Kontakt zu anderen rechtlichen Betreuern. Als im Familienkreis das Thema Betreuung aufkam, erinnerte sie sich an einen Besuch von Peters in der Schule im Jahr 2008. Es reifte bei ihr die Idee, „ich könnte eine Betreuung für jemanden übernehmen, der keinen Familienangehörigen hat“. Nach einem für beide Seiten positiv verlaufenen Erstkontakt im Altenheim übernahm sie die Betreuung einer an Demenz erkrankten Dame. Epenetos-Vennemann hatte zunächst Respekt vor ihrer Aufgabe, kam dann immer besser damit zurecht. Denn letztendlich geht es um den Willen und das Wohl der Betreuten, ihn zu erspüren und gegebenenfalls durchzusetzen. Es entlastet zudem andere, die nicht entscheiden wollen und auch nicht sollten, ob eine bestimmte Behandlung durchgeführt wird oder nicht.

Vier Betreuungen führt auch Jürgen Graven aus Louisendorf. Dem Pensionär gefällt die freie Zeiteinteilung des Ehrenamts. Er steht regelmäßig mit seinen Betreuten in Kontakt und seine Familie unterstützt ihn dabei. Hin und wieder macht er mit einzelnen Betreuten Ausflüge, ein Wunsch war beispielsweise zum „Sea-Life“ nach Oberhausen zu fahren. Den Betreuten die Würde bewahren, das kann Graven an handfesten Beispielen erklären: Ein junger Betreuter wollte gerne Fahrrad fahren. Graven klärte zunächst mit dem Arzt ab, ob seine Form des Autismus dieses zulässt und fuhr dann mit dem Betreuten nach Xanten. Die Freude, unzählige Fahrräder auszuprobieren und auch noch mehr Puste zu haben als sein Betreuer, war ein echter Höhepunkt für den jungen Mann und darum auch für Jürgen Graven. „So sollte es sein“, ergänzt Theo Peters. „Es geht nicht darum was nicht geht, sondern die Frage ist, wie es gehen kann.“

Die Würde-Bewahrer Kampagne hat zum Ziel, Menschen auf das Ehrenamt hinzuweisen und auch über rechtliche Betreuungen aufzuklären. „Trotz der Gesetzesänderung 1992 begegnen wir heute immer noch Menschen, die vom Betreuer als Vormund denken“, kritisiert Helma Bertgen. Natürlich ist eine Betreuung häufig ein verborgenes Ehrenamt, anders als der Vorsitz eines Sportvereins. Obwohl Menschen in der gleichen Straße wohnen, sprechen sie nicht unbedingt darüber. Auch das will die Kampagne ändern.

www.wuerdebewahrer.de

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