Aktionstage Wir wollen wohnen!

Das Bündnis „Wir wollen wohnen!“ fordert eine soziale Wohnungspolitik der Kommunen.

Kevelaer. Die Diakonie im Kirchenkreis Kleve nimmt an den bundesweiten Aktionstagen „Wir wollen wohnen“ teil. Um die Dringlichkeit einer sozialen kommunalen Wohnungspolitik zu betonen, bringt die Diakonie im Kirchenkreis Kleve das Thema rund um den Info- und Beratungsladen Neuland in Kevelaer auf die Straße. Am kommenden Freitag, 29. August, kommt Bürgermeister Dr. Dominik Pichler dort um 11 Uhr zum Gespräch. Welche Ideen hat er, um die Wohnungslosigkeit – wie 2024 von Bund, Land und Kommunen versprochen – bis zum Jahre 2030 zu überwinden? Ebenfalls am Neuland werden am 29. und 30. August (ab 10 Uhr) eine Postkartenaktion und Fotoaktion stattfinden.

Die Galerie zeigt einige der Einsendungen: Wie würden Sie wohnungslos wohnen?

Nicht nur in Kevelaer, bezahlbares Wohnen ist eine der zentralen sozialen Fragen bundesweit. Die Mieten steigen, Sozialwohnungen verschwinden und Menschen mit geringem Einkommen werden verdrängt. Seit 2021 sind die Mieten zum Beispiel in Kevelaer um 29 Prozent gestiegen, wie Zahlen der Empirica Preisdatenbank zeigen. Zudem liegt die Leerstandsquote mit 0,96 Prozent unter den von Fachleuten empfohlenen 3 Prozent, was auf einen angespannten Wohnungsmarkt hindeutet. Dass sich die Lage ohne entschlossenes politisches Handeln weiter verschärfen wird, zeigt eine Studie der NRW.Bank: Hiernach fallen bis 2030 41,7 Prozent der Sozialwohnungen in Kevelaer aus der Preisbindung und können dann zu Marktpreisen vermietet werden.

Die Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus 2022 zeigte: In Deutschland standen 1,9 Millionen Wohnungen zum Erhebungsstichtag 15. Mai 2022 leer. Das waren 4,5 Prozent des gesamten Wohnungsbestands. Leerstände unter 4 Prozent waren dabei vor allem im Westen und Nordwesten Deutschlands sowie im Umland von Berlin, Frankfurt und München zu sehen. „Das Thema Wohnen gehört ganz oben auf die kommunalpolitische Agenda“, betont Diakonie-Geschäftsführer Joachim Wolff. „Wer zur Kommunalwahl antritt, muss sagen, wie er oder sie bezahlbares Wohnen sichern will. Man könne nicht nur auf Bund und Land verweisen, alle politischen Ebenen müssten ihren Beitrag für bezahlbares Wohnen leisten.“

Zwar sind Bund und Länder für das Mietrecht und die Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung verantwortlich, doch auch die Kommune verfügt über Instrumente, eine soziale Wohnungspolitik zu stärken. „Eine wichtige Stellschraube für eine soziale kommunale Wohnungspolitik sind lokale Wohnbauunternehmen. Der öffentliche Wohnungsbau muss ausgeweitet werden und soll allein der Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum dienen. Zudem kann die Kommune bei Neubauprojekten Vorgaben zum Anteil von Sozialwohnungen machen. Eine Quote von 50 Prozent ist notwendig, da in den kommenden Jahren viele Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen“, so Wolff weiter.

„Ziel kommunaler Wohnungspolitik muss eine barrierefreie Quartiersentwicklung sein. So können Menschen mit Mobilitätseinschränkungen oder Sinnesbehinderungen lange in der eigenen Wohnung und im vertrauten Wohnumfeld leben,“ fordert auch Diakoniemitarbeiterin Diana Hendrix, zuständig für das Projekt „Endlich ein Zuhause“ im südlichen Kreisgebiet. Die Landesinitiative Endlich ein Zuhause“ wird mit Mitteln der Europäischen Union, des Landes NRW und des Kreises Kleve finanziert. Zu Hendrix kommen immer mehr Menschen, die mit ihren Wohnkosten überfordert sind. „Wir brauchen die Stärkung der Fachberatung zur Vermeidung und zum Abbau von Wohnungslosigkeit. Der Verlust der Wohnung ist für die Betroffenen eine Katastrophe. Präventiv Wohnungsverluste zu vermeiden, ist daher erstes Mittel der Wahl. Falls das nicht möglich ist, schnell eine neue Wohnung zu beschaffen, braucht es ein strukturiertes Angebot. Die Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ bietet beides erfolgreich“, sagt Hendrix.

„Durch die hohen Wohnkosten haben Beschäftigte Probleme, eine bezahlbare Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle zu finden. Das führt zu erhöhtem Verkehrsaufkommen und Unternehmen haben Schwierigkeiten, Fachkräfte anzuwerben. Eine soziale Wohnungspolitik entlastet die Verkehrsinfrastruktur und ist Teil kommunaler Wirtschaftsförderung. Diese Zusammenhänge müssen bei kommunalen Investitionsentscheidungen mitgedacht werden,“ betont Geschäftsführer Wolff.

Hintergrund:

Die Mietsteigerungen beziehen sich auf die Angebotsmieten. Sie sind ein Indikator für die Preisdynamik des Mietwohnungsmarktes und spiegeln die aktuelle Marktlage wider. Stark steigende Angebotsmieten erschweren Umzüge und Mobilität; sie führen dazu, dass Menschen weite Pendelwege zur Arbeit zurücklegen und / oder in Wohnungen bleiben, die nicht zu ihrer Lebenssituation passen.

Mit Leerstand ist hier der marktaktive Leerstand gemeint. Das bedeutet, dass diese Wohnungen innerhalb von drei Monaten bezugsfertig sein könnten. Eine Leerstandsquote von etwa 3 Prozent wird als Indikator eines „gesunden Wohnungsmarkts“ gesehen. Schon geringe Abweichungen nach unten erhöhen den Konkurrenzdruck bei der Wohnungssuche. Besonders für Menschen mit wenig Einkommen oder ohne festen Wohnsitz verschärft das die Situation erheblich. Die Zahlen sind den Zensusdaten von 2022 entnommen.

Die Angaben zum Sozialwohnungsbestand beziehen sich auf den Zeitraum von 2024 bis 2030. In vielen Fällen werden weniger Sozialwohnungen gebaut als aus der Bindung fallen, darum nimmt der Bestand weiter ab.

Info
Das NRW-Aktionsbündnis „Wir wollen wohnen!“ ist ein Zusammenschluss bestehend aus Deutscher Mieterbund NRW e.V., Deutscher Gewerkschaftsbund NRW, Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW e.V., Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW, Caritas in NRW, Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., Sozialverband Deutschland NRW e.V., Sozialverband VdK NRW e.V. Wir setzen uns ein für den Erhalt und den Ausbau des Mieterschutzes in NRW und für die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum.

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