Kontrolliertes Trinken und Kompetenz im selbstbestimmten Substanzkonsum

Für viele Menschen ist der Gedanke „Nie wieder Alkohol!“ unvorstellbar. Aus diesem Grund finden Sie nicht den Weg in die Suchtberatung.

Für diese Personen bietet die Suchtberatung der Diakonie im Kirchenkreis Kleve verschiedene Programme an: Darunter: Kontrolliertes Trinken“, „Kiss – Kompetenz im selbstbestimmten Konsum“ oder „Selbstbestimmtes kontrolliertes Rauchen“ und „Walk – Ambulantes Einzelprogramm zum kontrollierten Trinken für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten“.

Diese Programme eignen sich für Menschen,

  • die den Konsum reduzieren wollen
  • die ihren Konsum nicht steigern wollen
  • deren Ziel ein anderes als „Abstinenz“ ist
  • die noch ohne eigenes Ziel in die Beratung geschickt werden
  • die zu bestimmten Zeitpunkten nüchtern sein wollen

Die Suchtberatung sowie der Fachdienst Ambulant Betreutes Wohnen der Diakonie im Kirchenkreis Kleve arbeiten nach dem Grundsatz der „Zieloffenen Suchtarbeit“.

Zieloffene Suchtarbeit bedeutet, mit Menschen an einer Veränderung ihres problematischen Suchtmittelkonsums auf ein selbstgesetztes Ziel hinzuarbeiten. Dieses Ziel kann die Abstinenz sein. Dann unterstützen unsere Fachkräfte das Erreichen der Abstinenz über Beratung, Vermittlung in Entwöhnung, Beantragung von ambulanten, teilstationären oder stationären Sucht-Reha-Maßnahmen und Nachsorge.

Dieses Ziel kann aber auch die Reduktion des Konsums sein. Hierzu hat die Diakonie acht Fachkräfte zu zertifizierten Trainer*innen für Konsumkontrollprogramme im ambulanten Bereich ausbilden lassen. Diese Fachkräfte zeichnen sich durch eine zieloffene Grundhaltung, Kenntnisse über unterschiedliche Behandlungsziele, diagnostische und kommunikative Kompetenzen zur präzisen Zielabklärung aus. Sie besitzen Kenntnisse zur Umsetzung verschiedener Interventionen (Kurzinterventionen, Selbsthilfemanuale, Einzel- und Gruppenbehandlungen) zum Erreichen von Alkohol-, Tabak- und Drogenabstinenz, beziehungsweise einer Konsumreduktion oder Schadensminimierung.

Alle Programme bestehen aus ein bis zwei Vorgesprächen und dann aus 10 bzw. 12 strukturierten Sitzungen.

Jede*r Teilnehmer*in entscheidet in den ersten Sitzungen selbst, welche Veränderungen er/sie in welchem Tempo vornehmen möchte. Selbstkontrollierter Konsum heißt, dass eine Person ihr Konsumverhalten an einem zuvor festgelegten Konsumplan bzw. –regeln ausrichtet. Praktisch bedeutet das eine wöchentliche Festlegung der

  • maximalen Konsummenge pro Tag
  • maximalen Konsummenge pro Woche
  • Anzahl konsumfreier Tage

Die Konsummenge wird über das Führen von Konsumtagebüchern selbst kontrolliert. In den Sitzungen werden weitere Hilfen für eine Reduktion des Konsums vermittelt.

Beispielhaft seien hier die Inhalte der 12 Sitzungen des KISS-Programms genannt:

  1. Grundwissen Drogen
  2. Pro & Contra Veränderungen
  3. Bilanz ziehen
  4. Konsumziele festlegen
  5. Strategien zur Zielerreichung
  6. Risikosituationen erkennen
  7. Ausrutscher meistern
  8. Freizeit genießen
  9. Belastungen erkennen
  10. Belastungen angehen
  11. Nein-Sagen lernen
  12. Erfolge sichern

Die Programme sind auch anwendbar für Menschen, die sich in einem körperlich, sozial und psychisch schlechtem Zustand befinden.

Zieloffene Beratung und Behandlung ist wirksam:

  • durchschnittlich 65% der Teilnehmer*innen an Kontrolliertem Trinken erreichen ihre individuellen Ziele (Miller 1983, Körkel 2002)
  • durchschnittlich reduzieren Teilnehmer*innen 30 – 60% der Startmenge (Alden 1988, Heather et al. 1987, Körkel et al. 2001)
  • Nebeneffekt: 10 – 30 % abstinent (Miller 1983, Rosenberg 1993, Walters 2000)
  • Reduzierung der Wiederbehandlungsquote durch Matching von Patientenziel und Behandlungsangebot. (Körkel 2014)